Pulsschlag Politik: Koalitionsverhandlungen, Finanzierungskrise im Gesundheitswesen, Krankenhausreform und Prävention
Shownotes
Pulsschlag Politik ist der Podcast, der aktuelle gesundheitspolitische Themen in den Sitzungswochen des Deutschen Bundestages beleuchtet.
Udo Sonnenberg, Politikberater in Berlin und Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA), und Christoph Nitz, Journalist und Leiter des mecofactory-Redaktionsbüros, diskutieren dienstags in den Sitzungswochen über die wichtigsten Entwicklungen und Debatten rund um die Gesundheitspolitik.
In dieser Folge:
• die Einigung auf das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) und die Entbudgetierung für Hausärzte zur Bekämpfung des Hausärztemangels
• Gesundheitspolitischen Schwerpunkte der Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl
• die Finanzierungslücken im Gesundheitssystem und die Forderungen nach einer erweiterten Beitragsbasis
• die Diskussionen um die Zukunft der privaten Krankenversicherung und der Vorschlag einer Bürgerversicherung
• der Start der elektronischen Patientenakte (ePA) und ihre Bedeutung für Effizienz und Kostensenkung
• Prävention als Schlüssel zur Kostensenkung und die Forderung nach einer stärkeren Verankerung im Gesundheitssystem
Schreiben Sie uns Anregungen und Ideen an: pulsschlag-politik@cnplusf.de. Wir hören uns wieder nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025. Bis dahin alles Gute!
Transkript anzeigen
00:00:00: Guten Tag. Ich begrüße Sie zur Pulsschlagpolitik, den gesundheitspolitischen Themen dieser Sitzungswoche.
00:00:20: Udo Sonnenberg und Christoph Nitz werden immer Dienstags in jeder Sitzungswoche die anstehenden Themen kommentieren.
00:00:26: Sonnenberg ist Politikberater in Berlin. Er gründete 2013 die Beratungsgesellschaft 11.0.11.
00:00:33: und ist seit 2015 Geschäftsführer des Bundesverbandes "Deutscher Versand-Apotheken" BVDVA.
00:00:41: Christoph Nitz ist Journalist in Berlin. Als Leiter des MECO Factory Redaktionsbüros wird mit er sich besonders gesundheitspolitischen Themen.
00:00:50: Das Redaktionsbüro erstellt Nachrichten-Podcasts und Newsletter.
00:00:54: Guten Tag zur Pulsschlagpolitik. Nach der langen Pause sind wir fortan wieder regelmäßig in den Sitzungswochen des Deutschen Bundestages zu hören.
00:01:04: Mit der Konstituierung des 21. Bundestags beginnt die heiße Phase der politischen Entscheidungen und die gesundheitspolitische Agenda ist, wie wir alle wissen, prall wie füllt.
00:01:15: Die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD bestimmen derzeit maßgeblich das Geschehen in Berlin.
00:01:22: In 16 Arbeitsgruppen wurde verhandelt. Auch die Arbeitsgruppe Gesundheits- und Pflege hat ein Papier vorgelegt.
00:01:29: Das jetzt von den vier Parteiches Friedrich Merz für die CDU, Markus Söder für die CSU und Lars Glinnweil sowie Saskia Eskern für die SPD müssen die Finanzierbarkeit prüfen
00:01:41: und die verbliebenen Punkte, wo in den Arbeitsgruppen keine Einigkeit hergestellt wurde, lösen.
00:01:49: Im Raum der gesundheitsrelevanten Themen steht eine Überbrückungsfinanzierung von 4 Milliarden Euro für die Kliniken bis zur Umsetzung der Krankenhausreform.
00:02:01: Und zudem soll der Bund künftig die Hälfte der Kosten für den Krankenhaushandtransformationsfonds übernehmen, um dadurch die gesetzliche Krankenversicherung um 2,5 Milliarden pro Jahr zu entlasten.
00:02:13: In diesem Sinne, schönen guten Tag, lieber Udo Sondack, hallo Udo.
00:02:19: Guten Tag lieber Christoph, ja die finanzielle Lage, du hast es gerade schon angesprochen, im gesundheitspolitischen Umfeld ist momentan äußerst angespannt
00:02:29: und ja das ja eigentlich auch schon seit geraumer Zeit, besonders kritisch bleibt die Finanzierung der Pflegeversicherung trotz Rückendeckung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach,
00:02:41: wo dann eine kurzfristige Unterstützung von 5 Milliarden Euro in der besagten AG Gesundheit bisher abgelehnt.
00:02:49: Es bleibt abzuwarten, wie gleichzeitig die notwendigen Gelder für die Kliniken und Pflegeversicherung gefunden werden und ja, das beobachten wir die nächsten Tage noch.
00:03:01: Das stimmt lieber Udo, das sind auf jeden Fall die zwei schmerzhaftesten Stellen im Gesundheitsbereich, aber die Finanzprobleme gehen ja durchaus weiter.
00:03:12: Die gesetzliche Krankenversicherung, die GKV, steckt tief im Minus, zuletzt im vergangenen Jahr mit einem Defizit von 6,2 Milliarden Euro deutlich höher als prognostiziert.
00:03:25: Gesundheitsminister Lauterbach schlägt deshalb vor, die Versorgung der Bürgergeldbeziehenden künftig aus Steuermitteln statt aus den GKV-Beiträgen zu finanzieren.
00:03:34: Das ist eine der sogenannten versicherungsfremden Leistungen.
00:03:39: Das wären jährlich 10 Milliarden Euro, nur das muss wirklich geschehen im Ampelkoalitionsvertrag stand auch schon drin,
00:03:47: dass dieses speziell die leistungsgerechte Zahlung für die Bürgergeldbeziehenden, das das vorgesehen ist und die Vertreterinnen der Krankenkassen fordern,
00:04:01: eben ob der Ungewissheit, was im Reformbereich jetzt wirklich passiert, fordern die dringend ein Ausgabenmoratorium.
00:04:11: Oh, ja, wenn das so einfach wäre, die Arbeit muss ja irgendwie tatsächlich auch weitergehen, damit finanziert werden.
00:04:20: Die Krankenhäuser stehen mit dem finanziellen Drücken doch ziemlich zur Wand gerade aktuell und die Situation ist für viele mehr als kritisch, wie wir hören und lesen.
00:04:33: Und ja, was haben wir nicht schon alles gehört und wurden nicht schon alles angedeutet und ja letztlich laut Deutschen Krankenhaus-Institut EKI plant gerade etwa ein Drittel der Kliniken Anträge für den neuen Transformationsfonds zu stellen,
00:04:52: also besonders um Standort übergreifende Kooperationen entsprechend zu fördern und die geplanten fünf Milliarden hören sich erstmal viel an, dürften aber bei Weitem ja nicht reichen letztendlich.
00:05:07: Und zwei Drittel der Kliniken sehen sogar ihre wirtschaftliche Lage kritisch bis sehr kritisch und damit haben wir eigentlich alle Kliniken abgedeckt, die im Prinzip da vor großen Schwierigkeiten stehen
00:05:20: und die fordern eben sehr kurzfristig diesen Inflationsausgleich und natürlich auch weitere Anpassungen im Bereich der Krankenhausreformen.
00:05:31: Das diskutieren wir ja gleich noch speziell eben hinsichtlich der Leistungsgruppen und der sogenannten Vorhaltefinanzierung und ja insgesamt wird gehofft, dass Infrastrukturmittel
00:05:44: aus diesem besagten 500 Milliarden Paket, was ja hinlänglich diskutiert wurde in den letzten Wochen in die Richtung auch der Krankenhäuser gelenkt werden,
00:05:54: aber ja du hast ja noch einen weiteren Punkt in dem Zusammenhang.
00:05:59: Ja genau, also ein anhaltendes Ärgernis ist die enorme Bürokratie, das wirkt sich im Klinikalltag aus.
00:06:06: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft DKG sagt, dass die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern täglich drei Stunden mit Dokumentationspflichten verbringen.
00:06:16: Ein Bürokratieabbau könnte nach Meinung der DKG direkt Fachkräfte freisetzen, die man eigentlich dringend für die versorgende Patientin benötigt.
00:06:27: Dr. Gerard Gass, der widergewählte Vorstandsvorsitzende der DKG, sieht hier akuten Handlungsbedarf und fordert eine sofortige und konsequente Umsetzung Bürokratieabbau in der Maßnahmen,
00:06:41: damit sich die Lage spürbar verbessert. Allerdings auch das ist, sagen wir mal, immer, wenn eine neue Regierung gebildet wird, ein Lippenbekenntnis.
00:06:51: Jede Regierung, auch alle, die wir schon hatten, hat sich den Bürokratieabbau verpflichtet, nur passiert es wenig.
00:07:01: So sieht es aus, die liebe Bürokratie keiner mag sie und wir alle haben sie.
00:07:06: Und das ist tatsächlich seit Jahrzehnten eine der Kernherausforderungen und letztendlich kommen wir damit auch schon zum nächsten Thema der Pflege letztendlich.
00:07:19: Da ist das Thema Bürokratie natürlich auch erstmal ganz oben angesiedelt, aber die soziale Pflegeversicherung, kurz SPV, steht, wie wir gerade schon hatten, auch unter enormen Druck.
00:07:31: Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Doris Pfeiffer warnte kürzlich eindringlich davor, dass der Pflegeausgleichsfonds bereits nach wenigen Monaten vollständig erschöpft sein könnte,
00:07:48: falls keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden.
00:07:51: Und das könnte wiederum entsprechend massive Auswirkungen auf die pflegirische Versorgung insgesamt haben, was natürlich eine schnelle und letztlich auch umfassend politische Lösung jetzt erfordert.
00:08:04: Und ja, das sind meiner Meinung nach wirklich die tatsächlichen Alltagssorgung vieler Betroffene, sowohl die zu Pflegenen und natürlich ihre Angehörigen, aber eben auch alle Beteiligten und Akteure in der Profession der Pflegenden.
00:08:23: Ja, ganz klar, ergänzen dazu nehmen, aber die Diskussion fährt auf, dass man grundlegende Struktureform in der Sozialversicherung benötigt.
00:08:32: Die Situation im Pflegebereich und in den gesetzigen Krankenkarten ist ja, sagen wir mal, nur eine der Punkte, wo sich der demografische Wandel eben auswirkt und wo immense Herausforderungen kommen.
00:08:47: Es gibt da Vorschläge der Bundesvereinigung Deutsche Arbeitgeberverbände BDA, die schlagen eine monistische Krankenhausfinanzierung, wie Baal- und Selektivtarife vor, um so die Kostenentwicklung in dem Bereich besser zu steuern und vor allem nachhaltig zu senken.
00:09:06: Diese Vorschläge stoßen jedoch wie viele Vorschläge nicht überall auf Zustimmung und könnten zu weiteren intensiven Debatten führen.
00:09:14: Ja, vielleicht sollten wir das Thema monistische Finanzierung kurz erläutern.
00:09:20: Ja, genau, ich habe mich da ein bisschen aufgeschlaut.
00:09:25: Das besagt, dass die Entscheidungs- und Finanzierungsverhandlungen verlaufende Betriebskosten und Investitionen allein bei den Krankenkassen als den Kostenträgern liegen würde.
00:09:35: Derzeit wird nach dem dualistischen Prinzip vorgegangen, d.h. den Betrieb finanzieren die Krankenkassen und die Investitionen dafür sollten eigentlich die Bundesländer aufkommen.
00:09:48: Nur die kommen ihrer Investitionsverpflichtung nicht ausreichend nach.
00:09:53: Sie stellen nur durchschnittlich die Hälfte der wirklich notwendigen Mittel bereit und die Folge ist ein erheblicher Innovationsstau in den deutschen Krankenhäusern.
00:10:02: Geschätzt wird dieser Stau auf mindestens 30 bis 50 Milliarden Euro.
00:10:06: Die Krankenhäuser nutzen in ihrer Not teilweise Gelder aus den Fallpauschalen für dringende Investitionen und diese Mittel fehlen dann aber wieder im laufenden Betrieb.
00:10:16: Ja, das Leid kommt zurück und damit tatsächlich wir auch nochmal mit dem Thema Krankenhausreformen und da würde ich tatsächlich auch diesen kurzen Schritt zurück gerne nochmal wagen besagte Koalitionsgesundheits AG.
00:10:33: Denkt ja gerade aktuell über eine Verschiebung der sogenannten Konvergenzphase nach und zwar um ein Jahr.
00:10:41: Also was das genau bedeutet, demnach soll eben in 2028 erstmals die sogenannte Vorhaltepauschale gezahlt werden, die dann 30% des Gesamtbudgets der Kliniken ausmacht.
00:10:57: 2029 würde der Wert auf 60% erhöht werden und 2030 dann erst auf 100%.
00:11:07: Also hier wird so ein gewisser Streckmechanismus vorgesehen, um da tatsächlich Spielräume zu schaffen.
00:11:14: Und was ich außerdem ganz interessant fand, dass man sich offenbar darin geeinigt hat, eben die Krankenhausreformvorschläge, unter anderem vom Institut für das Entgeldsystem im Krankenhaus, die sogenannten "Grupper" anzuwenden.
00:11:35: Allerdings eben mit einer dreijährigen Ausnahmeregelung für Nordrhein-Westfalen.
00:11:41: Der dortige Gesundheitsminister und AG-Verhandlungsführer Karl-Josef Laumann hatte das seinerzeit ausverhandelt und im Prinzip die nordrhein-westfälische Krankenhausreform als Vorbild für das Projekt auf Bundesebene genommen letztendlich.
00:12:00: Und was ist dann nach tatsächlich zu berücksichtigen, diese Leistungsgruppendefinition soll eben weiteren Spielraum bringen?
00:12:12: Bei Kliniken und Ländern gibt es allerdings eben auch die Befürchtungen, dass die bisherigen Zuschreibungen für einen erheblichen Mehrbedarf eben an Fachärzten in den Kliniken sorgen könnte.
00:12:26: Und ja, Fachärzte, Fachpersonal ist bekanntermaßen überall knapp in der Versorgung und das bringt mich gerade in Gedanken zu einem anderen Thema.
00:12:39: Apropos Laumann, weil der Name gefallen ist, lieber Christoph, was ist dein Gess wird, Herr Laumann, Nachfolger vom Professor Lauterbach.
00:12:48: In diesen Tagen hört man oft, dass der nächste Bundesgesundheitsminister den Vornamen Karl tragen wird.
00:12:54: Und in der Union erstens Herr Josef Laumann, der Verhandlungsführer in der AG.
00:13:01: Allerdings scheinen viele in der Union das BMG nicht als Top-Priorität beim Zugriff auf die Ministerien zu sehen.
00:13:11: Es wird ja auch gemunkelt, dass das Außenministerium wieder auch von der Union beansprucht wird.
00:13:19: Also da ist noch viel Fantasie und Luft drin.
00:13:22: Aber am Ende könnte es dann eben doch statt Karl Josef ein weiteres Mal Karl Lauterbach sein, der zum Zuge kommt.
00:13:31: Weil das Ministerium gilt insgesamt als ein Ressort, bei dem man nichts gewinnen kann.
00:13:37: Lauterbach bringt sich derzeit massiv in Stellung und wird geschickt für eine weitere Amtszeit,
00:13:43: das ist ja ähnlich wie vor der Regierungsbildung.
00:13:47: 2021 wieder sehr aktiv in der Öffentlichkeit, in TV-Sendungen etc. zu sehen.
00:13:55: Am Ende muss man einfach immer sagen, dass die Personalentscheidungen ganz am Schluss von Verhandlungen für eine Regierungsbildung fallen
00:14:04: und die sind am Ende manchmal sehr überraschend.
00:14:06: Da müssen auch Proports und sonstige Themen berücksichtigt werden, die die einzelnen Parteien eben bei der Besetzung dann selber zu berücksichtigen haben.
00:14:17: Aber wechseln wir nochmal den Punkt.
00:14:20: Ein wichtiges Thema ist die Zukunft der deutschen Pharmaindustrie.
00:14:25: Bundeskanzler Olaf Scholz hatte das ja zu einem zentralen Thema seiner Regierung gemacht und die Ampelkoalition hatte sich deutlich zum Standort Deutschland mit der Pharma-Strategie bekannt.
00:14:37: Was weißt du dazu? Was ist da geplant?
00:14:39: In der Tat, wir haben einige Großbereiche schon angesprochen mit Pflege und Krankenhäusern, aber der Pharma-Bereich ist tatsächlich auch in der Weiterentwicklung befindlich.
00:14:53: Allerdings ist man da während der Ampelphase nicht so wirklich vorangekommen.
00:14:59: Statt Weiterentwicklung des Nutzungs- oder Nutzenbewertungsverfahrens gab es zuletzt nur noch eine sogenannte Amnot-Knock-Leit-Planker.
00:15:10: Das bedeutet eben so viel, dass man da tatsächlich einen Rahmen gesetzt hat.
00:15:18: Und jetzt ist eben die große Frage, was könnte dazu noch kommen und die Rede ist hier vom erhöhten Herstellerrabatt.
00:15:26: Das lässt natürlich aufhorchen und das GKV-Finanzierungsgesetz, was ja zum Anfang 2023 in Kraft getreten war und den Herstellerabschlag auf erstattungsfähige Arzneimittel für ein Jahr um 5 Prozentpunkte von 7 auf 12 angehoben hat.
00:15:47: Diese Maßnahme hatte tatsächlich auch ordentlich Geld in die Kassen gespült, circa 1,3 Milliarden Euro.
00:15:56: Davon ist die Rede und somit natürlich einen wichtigen Beitrag zu den GKV-Finanzen geleistet letztendlich.
00:16:03: Und jetzt kann man sich vorstellen, dass die Industrie das nicht so wahnsinnig prickelnd fand.
00:16:09: Und darum hat die alte oder die Ampel-Bundesregierung dann eben in der nationalen Pharma-Strategie wieder ein bisschen ist etwas zurückgepaddelt.
00:16:21: Dort heißt es dann wörtlich, die Bundesregierung beabsichtigte den Herstellerabschlag für erstattungsfähige Arzneimittel ohne Festbetrag auf dem Niveau von 7 Prozent zu stabilisieren.
00:16:33: Ja, das heißt, da geht es mal rauf, mal runter und wir müssen beobachten, wie die Fortan wahrscheinlich schwarz rote Bundesregierung da rangeht und was sie genau vor hat, das ist bisher nicht so konkret durchgedrohen.
00:16:49: Also insgesund ist ja irgendwie spannend, dass, wie wir es jetzt gerade auch schon aus mehreren Blickwinkeln betrachtet haben, dass das Gesundheitswesen eigentlich eine der größten Baustellen nach der
00:17:02: grundsätzlichen Sicherheit und der Verteidigungsfähigkeit ist.
00:17:07: Und im Wahlkampf ist es aber erstaunlich ruhig geblieben an diesem Thema, wo dann wenig diskutiert.
00:17:16: Aber insgesamt blicken die Deutschen Bürgerinnen und Bürger mit großer Sorge auf die Koalitionsgespräche, wenn es um das Thema Gesundheit und Pflege geht.
00:17:25: Eine aktuelle repräsentative Vorsage um Frage für den BKK-Dachverband erbrachte, dass 85 Prozent der Bürgerinnen und Bürger glauben, dass dieses Thema in Verhandlungen zu kurz kommt.
00:17:38: Also dass sich quasi das aus dem Wahlkampf fortsetzt, dass diesem eigentlich sehr wichtigen und drängenden Thema zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.
00:17:48: Und immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir unser Gesundheitssystem radikal umbauen sollten und auch müssen.
00:17:57: Also weg vom Reparaturbetrieb hin zu einem System, das mit Gesundheitsprävention die Gesundheit fördert und so Krankenhausaufenthalte und Behandlungen eben vermeidet.
00:18:08: Das wäre nicht nur gut für die Bürgerinnen, weil sie einfach gesund ihr Leben besser genießen können, sondern es schont auch die Kassen.
00:18:16: Und wir Schwaben sagen, ja, das ist ja dann nicht schlecht für beide.
00:18:21: So sieht es aus.
00:18:23: Win-win würde man fast neu Deutsch sagen.
00:18:25: Besagte Vorsage um Frage hat tatsächlich im Zusammenhang mit der Prävention auch ergeben, dass sich 77 Prozent der Befragten eben mehr Investitionen in die Prävention wünschen.
00:18:40: Und ja, die Erhaltung von Gesundheit und die Vermeidung von Krankheit hat also wirklich einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung.
00:18:49: Und letztlich sollte sich das auch in der Leistung oder in den Leistungen der GKV widerspiegeln.
00:18:57: Laut BKK Dachverband, du hast es gerade schon erwähnt, fließen rund.
00:19:04: 3 Prozent der insgesamt, insgesamt Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Prävention.
00:19:12: Also nur 3 Prozent.
00:19:14: Das ist wirklich nicht allzu viel und da lässt sich bestimmt noch mehr machen.
00:19:19: Und letztlich wird die Bundesvorständen auch damit zitiert, dass jedes Jahr in Deutschland rund 120.000 Menschen vorzeitig sterben.
00:19:33: Weil Prävention eben auch nicht ernst genug genommen wird.
00:19:36: Und das ist tatsächlich eine erschreckend hohe Zahl.
00:19:39: Die erste sehr niedrig, die zweite sehr hoch.
00:19:41: Und deswegen ist hier mit Sicherheit auch noch eine bessere Einbindung der Pflege erforderlich.
00:19:50: Ja, Prävention sollte in jedem Fall ein fester Bestandteil im Bereich Versorgung, im Koalitionsvertrag werden und dort verankert sein.
00:20:01: Es wird aber auch gesprochen, dass man ein Public Health Masterplan aufstellen sollte.
00:20:06: Auch mit dem Zusatz, dass die Pflegeprofession eine zentrale Rolle bei Prävention in Gesundheitsförderung einnehmen sollte.
00:20:14: Also da gibt es ja insgesamt aus allen Richtungen die Forderung, dass die Pflegeprofession, dass die Pflegenden, dass das aufgewertet wird und dass man dort eben mehr tun muss.
00:20:28: Der Deutsche Pflegerat schlägt vor, um Prävention strukturell zu verankern, werden präventive Pflegeleistung systematisch in das Regelversorgungssystem integriert.
00:20:39: Sodass sie als fester Bestandteil der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung durch die Pflegeprofession etabliert werden.
00:20:47: Zu guter Letzt verlangt die Dachorganisation auch das Versprechen, dass die Pflegeprofession gleich berechtigt mit den anderen Heilberufen in die Selbstverwaltung des Gesundheitswesen aufgenommen werden soll.
00:21:00: Das ist ja in der Tat schon seit längerem eine Forderung, weil dort fehlen bisher die Pflegenden.
00:21:07: Und da wird sicher auch weiter viel diskutiert werden.
00:21:13: Ja, das ist ein interessanter Ansatz in jedem Fall und das geht ja auch in Richtung einer Pflegegroßreform, wie es schon teilweise angeklungen ist und die wir wahrscheinlich auch mit Blick auf die Finanzen brauchen.
00:21:28: Und im dritten Gutach und zur alternativen Ausgestaltung der Pflegeversicherung hatte Heinz Rotgang und seinen Team vom Bremer Forschungszentrum "Ungeleichheit und Sozialpolitik Sozium" zeitlich passend ja auch die Blaupause für die versprochenen Reform geliefert.
00:21:49: Und da ist tatsächlich eine Menge Zeug zusammengekommen. Auf gut 90 Seiten hatten sie einen Fahrplan eben zur Einführung einer Pflegevollversicherung mit begrenzten Eigenanteilen erarbeitet.
00:22:04: Und das Konzept wiederum fußt ja auf doch eine Reihe von Vorgängern Gutachten, in denen Pflegewissenschaftler bereits ja schon die Ideen zum ja, Sockelspitze-Tausch für eine auch sektorenfreie Versorgung entwickelt hatten.
00:22:22: Und ja, dass alles hier im Detail gerade auszuführen wird, wohl ein bisschen weitführen, aber fest, glaube ich, festhalten können wir, dass Wortreform in all seinen Ausprägungen dürfte zum Lieblingswort der nächsten Bundesregierung und der 21. Wahlperiode werden.
00:22:45: Wenn wir das gerade mal nicht anbetrachten, da sind wir zumindest in unserem Themenfeld Gesundheit, Pflege ganz vorne dabei.
00:22:54: Vielleicht wird sich ja auch die sprachliche Konnotation zum Wortreform ändern.
00:23:00: Es gab immerhin vor rund 50 Jahren mal einen Wahlkampf, der wurde bestritten mit dem Claim, wer morgens sorgenfrei leben will, muss heute für Reformen kämpfen.
00:23:11: Also da wurde das Wort quasi ganz anders begriffen.
00:23:15: In jedem Fall ist es zwingend notwendig und es ist aber auch bei allen Diskrepanten einfach den Beteiligten in Gesundheitswesen eindeutig klar.
00:23:26: Das haben sich jetzt die großen Player zusammengetan und sich nochmal lautstark in die Koalitionsverhandlungen eingebracht.
00:23:34: Die ABDA, die KBV, die DKG und die KZBV, also die Standesvertretung der Apothekerinnen, der Ärztinnen und der Krankenhäuser haben ein gemeinsames Papier vorgelegt, das ist in sich, du hast reingeguckt.
00:23:50: Die fordern tatsächlich nichts weniger als die Kärtwende in der Gesundheitspolitik, aber Hauptanliegen ist tatsächlich mehr Mitsprache, weniger Bürokratie
00:24:01: und die Verbände wollen halt noch stärker in Entscheidungen eingebunden werden.
00:24:07: Erfahrungsgemäß ist das natürlich auch manchmal nicht ganz so einfach und letztendlich fordern sie dann auch noch praxisnahe Lösungen für den Alltag im Gesundheitswesen.
00:24:17: Auch die Forderungen sind ja nicht ganz neu.
00:24:20: Da muss man natürlich auch mal ein bisschen in die Details schauen, wie die Sachen tatsächlich dann Ausprägung finden, aber besonders spannend.
00:24:30: Ja, sie wollen eine engeren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen und das wäre ja tatsächlich mal dringend erforderlich.
00:24:38: Wir haben es im Vorfeld schon öfter angesprochen und natürlich, das Schlagwort Digitalisierung darf nicht fehlen und hier soll man doch bitte schön mit anreizen und nicht mit Strafen arbeiten, also alles Heereforderungen.
00:24:54: Ja, insgesamt fällt die Kritik der vier Organisationen an der bisherigen Gesundheitspolitik nicht gerade zimperlich aus.
00:25:04: Die Verbände betonen, wie wichtig eine stabile Gesundheitsversorgung für die Demokratie und auch für den sozialen Frieden ist.
00:25:12: Und an dem Papier ist ja bemerkenswert, dass sich dort Akteure, die auch im Wettbewerb um Ressourcen sich befinden, zusammengetan haben und mit diesem Vorstoß wollen sie sicherstellen.
00:25:24: Dass ihre Interessen insgesamt bei den Koalitionsverhandlungen quasi auf dem Tisch liegen und wir müssen einfach abwarten, wie die zukünftige Regierung darauf reagieren wird.
00:25:36: Aber eins ist klar, in Gesundheitswesen stehen spannende Zeiten bevor und so hat es vorher schon angesprochen, die 500 Milliarden sind dann doch am Ende schneller verteilt.
00:25:46: Vor allem die fallen ja nicht auf einmal an, sondern die sind in jährlichen Auszahlungsscheiben.
00:25:55: Genau, da haben wir so einen schönen Streckmechanismus, aber dass die Zeiten spannend bleiben, davon können wir schwer ausgehen und wir sprechen uns ja auch wieder.
00:26:05: Wenn die neue Regierung dann hoffentlich steht, das war ja angekündigt kurz nach Ostern, soll das alles der Fall sein.
00:26:13: Jetzt ist man schon so ein bisschen vorsichtiger geworden, um die ganzen offenen Punkte auch ausführlich und qualitativ hochwertig besprechen zu können.
00:26:24: Und ja, dann geht es ja auch darum, dass sich die Bundestagsausschüsse parallel bilden.
00:26:30: Die sind ja thematisch ein Abbild der Regierungsressorts letztendlich.
00:26:38: Und wir gucken dann auch sicherlich gespannt aufs Personaltabloh und bis dahin wünschen wir Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, natürlich eine gute Zeit und bleiben Sie gesund und munter.
00:26:52: Ja, auf jeden Fall, wir bleiben dran. Ich wünsch dir alles Gute und wir hören uns bald hier wieder bei Pultschlagpolitik.
00:27:01: Tschüss.
00:27:02: Ich hoffe, Ihnen hat unsere Podcastfolge zur Gesundheitspolitik in dieser Sitzungswoche des Deutschen Bundestags gefallen. Schreiben Sie uns Anregungen und Ideen an.
00:27:11: Pultschlag-Politik@cn+f.de
00:27:18: Wir hören uns wieder zur nächsten Sitzungswoche. Bis dahin alles Gute.
00:27:22: [Musik]
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